Transparenz oder Tradition? Neben Holz gibt nun auch Glas den Ton beim Saunabau an – eine Gestaltungsrevolution, die die Gemüter erhitzt.
Es ist eine Revolution im Gange. Bis vor einigen Jahren hatte einzig Holz das alleinige Vorrecht, die Finnenkabine auszustatten – da stellte sich nur die Frage: Fichte oder Tanne? Doch mit dem wachsenden Bewusstsein für Design und dem proportional ansteigenden Bedürfnis, Wellness und Wohlbefinden in den Wohnraum einzugliedern, anstatt es in kalten Kellerräumen zu platzieren, konnte sich ein weiteres Material im Saunabau durchsetzen: Glas. Glas befindet sich im Bauwesen seit Jahren auf dem Vormarsch. Trennwände, Balkonbrüst- ungen, Bäder, Möbel – ja ganze Fassaden werden in Glas ausgeführt. Warum nicht auch die Sauna? „Glas hat ihren Aufstieg von der Holzkabine im Keller zum Designobjekt im Wohnbereich maßgeblich vorangetrieben. Es erfüllt nicht nur hohe gestalterische Ansprüche, sondern punktet auch mit seinen hervorragenden hygienischen Eigenschaften und seiner Langlebigkeit“, sind sich die Spezialisten von Küng sicher, einem der Pioniere, wenn es um die Einbindung des transparenten Materials in die Schwitzhütte geht.
Mehr Transparenz in der Sauna
Hier scheiden sich die Geister: für die einen der Traum von schier grenzenlosem Saunieren, für andere die Bloßlegung der eigenen Privatsphäre. Fakt ist, dass Glas neue Dimensionen beim Saunieren geschaffen hat. „Glas verleiht auch kleineren Saunen Großzügigkeit und Helligkeit, was auch für den Einbau bei limitierten Platzverhältnissen spricht. Die Transparenz verbessert zudem das Raumgefühl im Kabineninnern und reduziert allfälliges Unbehagen“ – ideal also für Menschen, die zu klaustrophobischen Ängsten neigen. „ Dem Wunsch nach ausreichender Privatsphäre kann mit getönten Scheiben mit ‚Einwegsicht’ entsprochen werden“, erklärt sich Küng von seinem präferierten Material begeistert. Die Transparenz lässt nicht nur die Welt von außen nach innen, sondern enthüllt auch stolz das Innere der Saunakabine. Auch das sehen die Glasexperten als großen Pluspunkt: „Glas wertet das sorgfältig gestaltete Interieur auf, weil es nun auch von außen zur Geltung kommt.“ Die Wahl des transparenten Looks fördert auch die Gestaltungskompatibilität mit dem Design moderner Badezimmer. Wem Holz zu sperrig fürs Bad war, hat mit Glas eine passende Alternative gefunden, um trotzdem in den Alltag eingebunden zu saunieren. Nach und nach weichen in den Konzepten der Saunahersteller schmale Eingangsbereiche, die durch großzügige Glasfronten, die sich über die ganze Breite der Kabine ziehen können, ersetzt werden.
Glas: ein heißes Thema
Doch wird aus der Sauna (wörtlich übersetzt aus dem Finnischen: Raum aus Holz) mittlerweile ein Jaosto Lasista (Finnisch für: Glaskammer)? Skeptischer zum Thema Glas im Saunabau stehen B + S Finnland Sauna: „Optisch ergeben sich durch den Einsatz von Glas ganz neue Möglichkeiten, das Saunaklima kann jedoch darunter leiden. Daher sollte der Einsatz von Glas beim Saunabau immer in einem gesunden Verhältnis zum Holz stehen“, geben die Spezialisten zu bedenken. „Üblicherweise steigt die Temperatur in einer Sauna auf rund 80 bis 90 Grad an, die Luftfeuchtigkeit liegt bei etwa 10 bis 15 Prozent. Bei einer ungesperrten Blockbohlenkonstruktion nimmt das Holz die Wärme langsam auf und gibt sie sanft und gleichmäßig in den Saunaraum zurück. Gleiches gilt für die Feuchtigkeit. Im Unterschied dazu erhitzt sich eine Wand aus Glas sehr stark, strahlt diese Hitze zurück und kann keine Feuchtigkeit aufnehmen. Das beeinflusst das Saunaklima: Die Hitze wirkt schnell aggressiv und die Temperatur wird als höher empfunden, als sie tatsächlich ist.“ Doch werden auch Eingeständnisse dem Material gegenüber gemacht: „Da eine Sauna inzwischen aber für viele Menschen zum festen Bestandteil des Wohnraums gehört, spielt das Design eine ganz wichtige Rolle.“ „Glas hat eine etwas geringere Wärmespeicherfähigkeit als Holz. Küng kompensiert diesen Um- stand mit mehrschichtigen, hervorragend isolierten Holzelementen beispielsweise bei der Rückwand und der Decke. „Auch mit großen Glasflächen in der Sauna ist jede gewünschte Klimaeinstellung möglich“, kontern die Glasbefürworter von Küng, deren Spezialität vor allem die profillose Verglasung ohne feinste Schienen oder Beschläge ist. Glas im Saunabau ist ein Thema, das die Gemüter bewegt, so viel ist sicher. Wie viel des transparenten Materials jeder einzelne als vertretbar für die Sauna hält, um sich immer noch wie in einer „echten“ Sauna zu fühlen, ist Geschmackssache – genauso aber auch wie viel Abzüge man heute am Design und an luftiger Gestaltung machen kann, um sich in der Schwitzkabine wohl zu fühlen.
Text: Patricia Pfister