Die Sauna steckt gestalterisch noch in den Kinderschuhen … Stille … Betretene Stille. Nun höre ich die ersten leisen Stimmen, die darauf hinweisen wollen, wie viel gerade in den letzten Jahren in Sachen Sauna-Design geschehen ist (es sind vor allem die Stimmen der Hersteller). Dann höre ich da tiefe Männerstimmen, die fragen, wozu wir denn eine finnische Blockhütte »innovieren« wollen (es sind vor allem die Stimmen von Stammkunden, die sich hier wöchentlich treffen). Und dann ist da noch ein kleiner Junge, der mich fragt, was denn schlimm daran sei, in Kinderschuhen zu stecken?
Wir leisten mehr, handeln schneller und verfügen über so viel Informationen wie noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Wir leben in einer Hochleistungsgesellschaft, die von einem »Innovationsimperativ« geprägt ist. Gemeint ist damit die gleichsam selbstverständliche Forderung, die Lust, ja die Gier des Menschen nach Neuem, nach neuen Produkten, neuen Konzepten, neuen Lösungen. Hier öffnet sich in Zukunft gerade für die Sauna und mit ihr für die gesamte Spa-Welt eine immer weiter offene Schere: Wie lauten die Antworten auf den fortwährenden Erneuerungszwang, der von einer immer erfahreneren Spa-Klientel ausgeht? Sind die meisten Wellnesskonzepte statt nach vorne nicht grundsätzlich nach hinten – in die Vergangenheit – gerichtet? Basieren sie doch auf Traditionen und Philosophien! Wie kann ich mich in dieser Spannung als Hersteller, als Betreiber, als Saunanutzer positionieren? Oder bleibt es schließlich Aufgabe des Marketings, den anspruchsvollen und innovationsverwöhnten Menschen mit möglichst viel Lifestyle, Trendwörten und Images zu »catchen« – während alles beim Alten bleibt? Und wie steht es bei all dem um die Authentizität?
Genau an dieser Schnittstelle steckt die Sauna – fest. Und mit ihr die ganze Spa-Welt. Sprechen wir von einer Lifestyleschmiede, einem Brand Store globaler Marken oder einem Hort der Tradition? Die Sauna ist die symbolische Speerspitze dieses Konflikts zwischen Tradition und Innovation. Wem es in Zukunft gelingt, die Sauna gestalterisch, aber auch kontextuell zu erneuern, dem ist in der Spa-Welt Großes gelungen. Und ich meine damit nicht erneuern im Sinne von Kosmetik: hier eine Glasfläche anstelle einer Holzwand, dort ein bunter LED-Farblichtmix, da eine neue Materialkombination …
Ich meine Erneuerung radikaler und holistischer: Das Zukunftspotenzial der Spa-Welt sehe ich verankert in einem weitreichenden gesellschaftlichen Wertewandel und einer Prioritätenverschiebung bei den Konsumenten. Der Spa – sowohl in Hotels und Thermen als auch zu Hause im eigenen Privatraum – kann sogar DIE entscheidenden Antworten liefern auf die vielfach drängenden Grundfragen einer unter Beschleunigung, Globalisierung und Totalvernetzung leidenden Hochleistungsgesellschaft. Der Spa ist ein Ort, an dem auf besondere Weise Be-Sinnung in den Mittelpunkt rückt (die Sinne des Menschen, aber auch der Sinn des Menschen). Hier sind räumliche Umgebungen und Rituale gefragt, die das Vertrauen in den Moment – in das Hier und Jetzt – stärken. Gerade in diesem sinnessensiblen Bereich ist es höchste Zeit, eine völlig neue Art von Gestaltungsästhetik zu entwickeln: Ich spreche von HOLISTIC DESIGN, das sich vom herkömmlichen Interior Design dadurch unterscheidet, dass es sich in Konzeption, Gestaltung und Verwirklichung radikal an der Wahrnehmung des Menschen orientiert. Raumgestaltung mit allen Sinnen, für alle Sinne. Dieser holistische Zugang wird auch die Sauna gestalterisch und inhaltlich erweitern. Erste derartige Innovationen werden in Bälde den Markt erreichen – nicht zuletzt aus unserem eigenen Haus. Man darf gespannt sein!