Für sein Urlaubsdomizil am See Huron in Kanada – zu erreichen mit einem Langstreckenflug – wünschte sich dieser Bauherr eine Sauna mit außergewöhnlichem Charme – einen skulpturalen Raum im Einklang mit der Natur. Optisch sollte die Sauna mit der felsigen Umgebung verschmelzen. Dieser kniff-ligen Aufgabe nahmen sich die Architekten von Partisans an. Jetzt schmiegt sich die neue Wellnessoase mit ihren weichen, organischen Formen nahtlos an die raue Felswand: Beim Saunieren geben runde Fenster den Blick auf den See frei, während es für den Cool-down einfach ab ins kühle Seewasser geht.
Die östliche Uferseite der Georgia Bay am Huron, einem der Großen Seen nahe der kanadischen Stadt Toronto, ist kaum bebaut. Hier dominiert die Natur: tiefblaues Wasser, dichte Wälder, schroffe Felswände und viele kleine Inselgruppen. Kein Motorengeräusch stört die Stille. Es verwundert also nicht, dass es viele Menschen in eben diese unberührte Gegend Kanadas zieht. Denn Abgeschiedenheit und Einklang mit der Natur sind in der heutigen Zeit fester Bestandteil von Wellness und Erholung. Jenseits vom Trubel und Lärm der Städte kann man seinem Körper hier eine wohlverdiente Auszeit gönnen.
Diesen Gedanken verfolgte auch ein Geschäftsmann aus Ontario, als er sich entschloss, auf seiner privaten Insel eine Sauna der Extraklasse errichten zu lassen. „Da es in unseren Breitengraden viele Monate im Jahr sehr kalt ist, sind meine Frau und ich passionierte Saunagänger. Auch im Urlaub, in unserem Ferienhaus, wollten wir auf dieses großartige Erlebnis nicht verzichten“, erläutert der Bauherr seine Idee. Hierbei war es dem Paar wichtig, dass die Sauna von außen schlicht und unauffällig ist: Das natürliche Bild der Landschaft dürfte durch den Bau so wenig wie möglich gestört werden. Im Inneren dagegen sollte die Sauna eine völlig neue Welt mit Luxuselementen eröffnen. Natürlichkeit und unbehandelte Materialien wie heimische Hölzer waren von Beginn an ein weiterer Gestaltungswunsch. Um den weitläufigen See immer im Blick zu haben und unmittelbar nach dem Saunagang ins erfrischende Wasser springen zu können, entschied man sich gemeinsam mit den beauftragten Architekten Partisans für eine Lage am Granitfels – beinahe auf Höhe mit dem Wasserspiegel des Sees.
„Die Kunden entschieden sich für eine sehr vereinfachte, moderne Geometrie. Des Weiteren sollte die Sauna optisch aus dem Fels herauswachsen, ganz ähnlich wie eine durch Wind und Wasser ausgehöhlte Grotte“, erläutert Architekt Alexander Josephson die Vorstellungen des jungen Ehepaars. So ergab sich dann auch schnell der Name „Grotto“ in der Planungsphase ganz von alleine. Doch wie fängt man mit der Planung einer derartig aufwendigen Sauna an? Die Profis aus Toronto entschieden sich für einen grafischen 3-D-Druck mit einem Leica-Scanner. Dieser zeichnete mehr als 90 Millionen einzelne Datenpunkte der Umgebung auf, sodass anhand eines Modells jede noch so kleine Ausbuchtung und Unebenheit des Felsens berücksichtigt werden konnte. „Das war wirkliche Millimeterarbeit“, bestätigt Josephson.
Anstatt das für Saunen so beliebte rote Zedernholz zu verwenden, entschied sich das Team für weißes Zedernholz aus der Region. Dies ist in getrockneter und behandelter Form qualitativ hochwertiger, sehr witterungsbeständig und verströmt ein sanftes Holzaroma. „Außerdem enthält die weiße Zeder viele kleine Astgabeln, was dem Holz einen abwechslungsreichen und unverwechselbaren Charakter verleiht“, weiß der Experte. So zieren nun 117 kurvenförmige Holzplatten mit verschiedenen Durchmessern den 75 Quadratmeter großen Innenraum der Sauna. Die einzelnen Platten fügen sich mit kleinen Lücken – zum Atmen und Ausdehnen des Holzes – wie ein harmonisches Puzzle zusammen. Besonders großen Konstruktionselemente sind dabei im Unterschied zu den kleineren erst am Schluss vor Ort montiert worden. Für zuverlässigen Halt und eine glatte, ebene Oberfläche sorgen massive Stahlbolzen, welche die Fachleute tief und unauffällig im Holz versenkten.
Ein gesundes Lüftungssystem und auch das dauerhafte Aufrechterhalten einer exakten Temperatur waren eine besondere Herausforderung für die Architekten: Da die jährlichen Temperaturen in der kanadischen Provinz Ontario zwischen 35 und – 35 Grad schwanken, musste eine besondere Lösung her: Ein fast zehn Zentimeter breiter Luftspeicher, eine Barriere aus spezieller Aluminiumfolie, eine Hülle aus Sperrholz, eine Stahlkonstruktion mit Holzrahmen, Schaumisolierung und eine wasserfeste Schicht vereinen sich, um die Hitze gleichmäßig zu verteilen und den Verlust von Energie zu minimieren. Das Geheimrezept lautet eindeutig Balance: Denn ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ausreichend frischer Luft und heißen Saunatemperaturen mittels zweier Öfen muss fein justiert sein, damit die großzügige Sauna nicht auskühlt. Zwei ovale Fenster, die an Bullaugen eines Schiffes erinnern, und ein Oberlicht, durch das man in der Nacht den Sternenhimmel sehen kann, tragen mit einer dreifachen Verglasung dazu bei, dass die Temperaturen im Inneren konstant bleiben.
Gestaltung und auch Aufbau der „Grotto“ können wahrlich als architektonisches Meisterwerk gelten: Vor dem Transport wurde die fertige Sauna zum Test bereits in Toronto zu Wasser gelassen, um dann mit einem Kran vor Ort montiert zu werden. Raffiniert: Bei an- oder abfallendem Wasserstand des Sees wird die Sauna, deren Außenhülle mit einem feinen unsichtbaren Sieb zur Abwehr von Insekten überzogen ist, angehoben oder gesenkt. Möglich ist dies mithilfe spezieller Fußkonstruktionen, die mit Scharnieren im Fels angebracht worden sind.
Projektbeteiligte:
Architekt: Partisans
Bauunternehmen: Jordan Construction
Fassade: Building Science Inc
Technik: Moses Inc
Glas: Agnora
Sauna-System: Energy Misers
Licht: G2J Design Inc