Nur keine falsche Scheu: Auch Kinder haben Spaß an der Sauna, lassen Sie sie deshalb ruhig am Schwitzritual teilnehmen und stärken so schon früh ihr Immunsystem. Auf spielerische Art werden auch die ganz Kleinen zu großen Saunafans!
„In Finnland gehört die Sauna einfach zur Familie“, sagt Matti Kivinen von der Internationalen Sauna-Gesellschaft in Helsinki. Deswegen begleiten auch die Kleinsten schon ihre Eltern in die Sauna. „Die Kinder lernen so von klein auf: Das muss ein guter Platz sein, weil ich dort immer mit Mutter, Vater und nahen Verwandten hingehe.“ Als Resultat, verankert sich das Saunaritual tief ins Familienleben, die Liebe zur Sauna wird den Finnen somit fast sprichwörtlich in die Wiege gelegt. So ungezwungen wie die Skandinavier, die doch auf jahrhundertelange Erfahrung mit dem Schwitzzeremoniell zurückblicken können, ist hierzulande selten jemand beim Thema Kinder und Sauna. Aber das muss nicht so bleiben, können wir doch auf den Erfahrungsschatz aus den Norden zurückgreifen – oft diente die Sauna hier sogar als Kreißsaalersatz. Denn früher war die Sauna oft der sterilste Raum des Hauses und noch heute gibt es Finnen, die dort geboren wurden. Diese Funktion beansprucht die Schwitzkammer natürlich heute nicht mehr, jedoch ist das entspannende Transpirieren eine ideale Geburtsvorbereitung, wie finnische Studien belegen: Eine Umfrage in einer Frauenklinik ergab, dass gut 90 Prozent der Frauen während der Schwangerschaft regelmäßig die Sauna besucht haben.
Außerdem konnte in Untersuchungen festgestellt werden, dass durch das regelmäßige Saunabad die Geburt erleichtert und teilweise verkürzt wurde. Zudem verringert sich durch das Training der Gefäße beim Wechselspiel zwischen heiß und kalt das Risiko schwangerschaftsbedingter Krampfadern. Natürlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass schwangere Sauna-Anfängerinnen dieselben Effekte kurzfristig erzielen können – es gilt die allgemeine Empfehlung, erst ab dem vierten Schwangerschaftsmonat die Sauna zu besuchen. Angst muss man um sein ungeborenes Kind nicht haben. „Mit gesundheitlichen Problemen ist erst ab Temperaturen im Körperinneren von deutlich über 40 Grad Celsius zu rechnen. Derart hohe Kerntemperaturen werden aber beim regelgerechten Saunabaden nicht erreicht. Dazu ist nach unseren Empfehlungen die Aufenthaltszeit im Saunaraum einfach viel zu kurz“, weiß Rolf-A. Pieper, Geschäftsführer des Deutschen Sauna-Bundes.
Erstes Saunabad
Ist der neue Familienzuwachs erst da, muss man auch nicht lange auf die Saunapremiere warten: Eine Untersuchung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg zeigt eindeutig: Die mehr als drei Monate alten Säuglinge waren der Kreislauf- und Temperaturbelastung des dreiminütigen Saunabads gewachsen. „Den Säuglingen ging es hinterher blendend“, freut sich Prof. Dr. med. Gerhard Jorch, Direktor der Magdeburger Universitätskinderklinik. Der Deutsche Sauna-Bund markiert den vierten Lebensmonat für seine Saunaempfehlung und auch viele öffentliche Saunen, die eine „Baby-Sauna“ anbieten, ermöglichen Eltern mit ihren Kindern ein gemeinsames Saunaerlebnis ab dem vierten Monat.
Sanftes Schwitzen
Grundsätzlich gilt: alles etwas sanfter. Statt bei 90 Grad Lufttemperatur im oberen Kabinenbereich begnügt man sich mit 75 Grad und verzichtet auf den Aufguss, bei den ersten Saunabesuchen sollte man es bei einem Gang belassen, der drei Minuten dauert – mit fortschreitender Übung und Alter kann man die Anzahl der Minuten sowie der Gänge verdoppeln, wenn das Baby Freude daran hat. Während des Saunabads setzt man sich gemeinsam mit dem Kleinen auf dem Schoß auf die mittlere Bank, gibt ihm eine Streichelmassage. Um die plötzliche Hitzewirkung beim Betreten der Kabine etwas abzumildern, kann man das Gesicht des Kindes mit Wasser benetzen. Außerdem muss man auf eine gute Hydration achten: Die letzte Mahlzeit (Brust/Flasche) sollte nicht länger als zwei Stunden zurückliegen. Jedoch kann ein zu voller Magen zum Erbrechen führen. Bei Bedarf kann man dem Baby zwischendurch zu trinken geben.
Langsam angehen
Der wichtigste Ratschlag nach all diesen Empfehlungen ist aber: Achten Sie auf Ihr Baby. Sie kennen es am besten und können die Zeichen von Unwohlsein interpretieren – auch wenn das bedeutet, dass man nach 60 Sekunden schon die Sauna verlassen sollte. Bloß keinen übertriebenen Ehrgeiz an den Tag legen, denn so wird Ihr Kind kein Saunafan! Mit Einfühlsamkeit und ungezwungenem Spaß am Schwitzen klappt es aber bestimmt. Auch der Cool-Down geht ganz sanft vonstatten – dass das etwa zwölf Grad kalte Tauchbecken tabu ist, ist klar. Stattdessen geht man gemeinsam an die frische Luft, später schöpfen Mutter oder Vater mit der Hand angenehm kühles Wasser und gießen es auf den Körper des Säuglings. Bei nachfolgenden Saunabesuchen kann man mit sanftem Wasserstrahl kühlen.
Baby-Sauna
Am besten gelingt das Saunaerlebnis in der privaten Atmosphäre einer eigenen Sauna zu Hause oder unter Gleichgesinnten in verständnisvoller Gesellschaft beim Baby-Sauna-Angebot in einer öffentlichen Anlage. Jedoch kann sich nicht jeder in der glücklichen Lage schätzen eine Sauna zu besitzen oder eine Saunaanlage mit diesem Angebot in der Nähe zu haben. Im normalen Saunabetrieb dürfen in der Regel Kinder aus hygienischen Gründen ab drei Jahren mitschwitzen, da in diesem Alter Kinder gewöhnlich sauber sind. Hier gilt natürlich ähnliches wie für den Säugling, wenn es sich um einen Anfänger handelt.
Sauna für Kleinkinder
Grundsätzlich unterscheidet sich das Saunabad für Kleinkinder nicht von jenem für Erwachsene – nur sollte man nicht vergessen, dass es sich um Anfänger handelt und im Zweifelsfall können auch die Ratschläge für Säuglinge bei Kleinkindern angewendet werden wie beispielsweise der Verzicht auf den Aufguss, das sanfte Abkühlen, das Benetzen des Gesichts mit Wasser. Generell ist einfach Fürsorglichkeit angebracht. Jedoch sollte man die Kleinen nicht an ein „Dauerschmoren“ auf der untersten Bank gewöhnen. Genau wie bei Erwachsenen gilt: Ein kurzer kräftiger Hitzereiz ist besser verträglich als ein langer mittelmäßiger. Vorteil bei Dreijährigen ist, dass sie sich anders als Säuglinge unmissverständlich mitteilen können. Wenn die Kleinen keine Freude mehr am ruhigen Schwitzen in der Sauna haben, muss man das akzeptieren. Um Unlust oder ein unruhiges Verhalten wie Umhersteigen auf den Saunabänken zu verhindern ist ein gewisses Maß an Entertainment von den Eltern gefragt, beispielsweise kann eine interessante Geschichte erzählt werden – oder man nimmt sich gleichaltrige Gesellschaft mit. Mit Freunden oder den Geschwistern macht das Saunabad mehr Spaß.
Immunsystem stärken
Dass man mit dem frühen Saunabad seinen Kindern etwas Gutes tut, beweisen allerlei Studien. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge sind die positiven körperlichen wie psychischen Auswirkungen der Heiß-kalt-Reize auch für Kinder offensichtlich: Aktivierung der Abwehrkräfte, Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems, Linderung von bestimmten Hautkrankheiten sowie Vorbeugen von Atemwegs- und Infektionskrankheiten wie Bronchitis, Asthma oder Grippe. Zudem wirkt Saunabaden gegen Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Nervosität und Aggressionen. Diese Wirkungen bestätigt Rolf-A. Pieper, Geschäftsführer des Deutschen Sauna-Bundes aus Bielefeld: „Aus medizinwissenschaftlichen Studien ist seit Langem bekannt, dass Kinder, die regelmäßig Saunabaden, nur die Hälfte an Schulausfalltagen haben wie nicht badende.“ Mit etwas Geduld kann man also nicht nur sein Hobby mit der gesamten Familie teilen, sondern auch noch die Gesundheit seines Kindes fördern.
Text: Patricia Pfister